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Bestattungskultur


BUDDHISTISCHE WELTANSCHAUUNGEN IN BEZUG AUF LEBEN UND STERBEN

(Kurzfassung)

Buddha-Dharma in a nutshell

VIER SIEGEL (Skt. caturmudrā oder caturlakṣaṇa) Die vier Kennzeichen für das Weltbild der Lehre eines Vollkommen Erwachten: Alles was zusammengesetzt ist, ist unbeständig (1). Alles was ein „Leck“ (Skt. sāsrava) hat, ist Duḥkha (Skr. Unerfülltsein, Leiden) (2). Alle Phänomene sind leer und ohne ein Selbst (3). Nirvāṇa (Skr. Erlöschen) ist Friede (4). Es ist ein Faktum, das alles, was es an räumlichen und zeitlichen Strukturen gibt, keine fortdauernde Existenz aufweist. Sich mit diesem Tatbestand anzufreunden, bedeutet, vorbereitet zu sein für das unumgängliche Erleben von Verlust (1). All das, was auf einer dualistischen Sichtweise beruht, hat letztlich keinen Bestand. Jeder Gedanke und jede Emotion impliziert Gegensätzlichkeit und Ausgrenzung, die ein Produkt diskursiven Denkens, ein Produkt der Täuschung sind. Wahrheiten und Wirklichkeiten sind, da abhängig vom eigenen Geist, nichts anderes als eigene Projektionen. Dualistische Auffassungen schaffen schier endlos Erwartungen und Furcht, die in Duḥkha, in Unerfülltsein resultieren. Duḥkha (meist als Leiden übersetzt) heißt wörtlich: Eine sich schwer (duḥk) drehende Nabe (kha), wie die eines Holzrades. Die Dinge laufen nicht mühelos „rund“, was Unbehagen, Unzufriedenheit schafft mit dem permanenten Gefühl von der Unzulänglichkeit der Dinge (2). Die Erscheinungswelt, samt der Wesen, entsteht in kausaler Abhängigkeit. Kausales, abhängiges Verbundensein schliesst Eigennatur, ein Selbst, das nicht dem steten Wandel der Erscheinungen unterliegt, aus (3). Dies zu erkennen ist Nirvāṇa. Dann, wenn Duḥkha vollständig entwurzelt ist, ist Friede (4). Sobald eine Philosophie diese Vier Siegel beinhaltet, kann sie als die Lehre eines Vollkommen Erwachten erachtet werden.

Geschichte des Buddha-Dharma

Der historische Buddha Śakyamuni lebte die Endlichkeit des Lebens vor. Geboren 563 v. Chr. in Lumbini als Prinz namens Sarvarthasiddha des alten, nordindischen Śakya-Adelsgeschlechts, wo er alle Annehmlichkeiten eines Palastlebens genoss, begegnete auf seinen unerlaubten Wanderungen durch die Ortschaften der Realität des Lebens: Er sah einen gebrechlichen Greis, einen Schwerkranken, einen Leichnam und einen in die Heimatlosigkeit gezogenen Asketen. Die Unmittelbarkeid dieser Leidenserlebnisse gaben ihm zu verstehen, Krankheit, Altern, Tod sind untrennbar mit dem Leben eines jeden Wesens verbunden. Um sich auf die spirituelle Suche nach der Überwindung von Duḥkha zu begeben, erwog sein Herz dem Palastleben zu entfliehen. Seine spirituelle Suche führte ihn über tiefe Konzentrationen, in denen er keine groben Formen von Leid mehr erlebte, bis zur Übung in äußester Askese, die er nach 6 Jahren verwarf. Extremen Lebensweisen entsagend, erlangte er mit 35 Jahren unter dem Bodhi-Baum, nahe der Stadt Gaya, Vollkommenes Erwachens (Skr. Bodhi). Tiefgründig sei seine Lehre, so beschrieb er, schwer zu verstehen, präzise, dem logischen Denken alleine nicht zugänglich, subtil, nur von Gebildeten durchdringbar. Buddha Śakyamuni führte während 50 Jahren eine immense Lehrtätigkeit aus, die drei höhere Schulungen beinhaltet: Höhere Schulung in Ethik, in Meditation und in Erkenntnis (Skr. prajña). Im Alter von 80 Jahren ging Buddha Śakyamuni ins Parinirvāṇa ein.

Buddhistische Weltanschauungen stützen sich voll und ganz auf Drei Lehrzyklen (Skr. Dharmacakra), denen alle Sūtras zugeordnet werden können. Vajrayāna, der im 8. Jh. in Indien seine Blütezeit erlebte, basiert nicht auf den Sūtras sondern auf den Vier Klassen des Tantra. Der Erste Lehrzyklus beinhaltet die bekannte Drei Körbe-Lehre des Pali-Kanons, nämlich die Lehrreden Buddhas (Skr. Sūtra) (1), die Verhaltensregeln für ordinierte Frauen und Männer (Skr. Vinaya) (2.) und verschiedene Wissensgebiete, wie Psychologie (Skr. Abhidharma) (3), die auf drei Konzile nach Buddhas Parinirvāṇa zurückgehen. Der Zweite und dritte Lehrzyklus entspricht der Drei Körbe-Lehre des Māhayāna des Sanskrit-Kanons, die erst ab dem 1. Jh. in Indien in der Öffentlichkeit erschienen sind.

Aussagen über Leben und Sterben in den Sūtras und Tantras, samt irdische Rituale

Im Pali-Kanon finden wir die grundlegenden Aussagen Buddhas, wie in Buddhas allerersten Lehrrede, in der In Bewegung setzen des Rades der Lehre-Sūtra (Skr. Dharmacakra-pravartanasūtra), wo er mittels von Vier Edlen Wahrheiten den Mechanismus hinter dem universellen Phänomen von Duḥkha (Skr. Unerfülltsein) erklärte: Die Edle Wahrheit über Duḥkha (1), die Edle Wahrheit von den Ursachen zu Duḥkha: karmisch-kausale, destruktive mentale, sprachliche und physische Handlungen und deren entsprechenden Handlungsfolgen, samt mentaler und emotionaler Gifte (Skr. Kleśa) wie Verblendung, begehrlichem Anhaften und leidenschaftlicher Ablehnung (2), die Edle Wahrheit vom Aufhören von Duḥkha (3) und die Edle Wahrheit vom Achtfachen Pfad, der zum Aufhören führt (4). Auf der Grundlage der Aussagen des Ersten Lehrzyklus formierten sich philosophische Lehrmeinungen wie die der Vaibhāṣika (Skr. Partikularisten). Sie vertreten den Standpunkt, das Individuum ist leer eines Selbst und die äußere Welt existiert in der Form von unteilbaren, kleinsten Teilchen und teillosen Mikrosekunden, die der Kontinuität des Erlebens zugrunde liegen. Die sechs von Karma und Kleśa bedingten, im Kreise laufenden Daseinsbereiche von Menschen, Göttern, Halbgöttern, Tieren, unstillbaren Geistwesen und Wesen in den Naraka-Bereichen (Skr. vorübergehende Höllen) sind der Ausgangspunkt aller Überlegungen zur individuellen Befreiung von diesem Kreislauf von Geburt und Tod. (Skr. Saṃsāra). Individuelle Befreiung, (Skr. Mokṣa), realisierbar durch Bereinigung der Gifte des Geistes samt der Unwissenheit über das Fehlen eines konkreten Selbst, kulminiert in einem bis zu sieben Leben in Arhatschaft. Hier ist Saṃsāra, mit dessen Verursachungen von Karma und Kleśa, voll und ganz unterbrochen, womit allerdings auch die Kontinuität erleuchteter Aktivität für das Wohl anderer ebenfalls unterbrochen ist. Buddha gab im Pali-Kanon keine konkreten Erklärungen über Nirvāṇa selbst, noch über einen Zwischenzustand nach dem Tod. Stattdessen lehrte er , was Leben und Tod angeht, die “Zwölf Glieder abhängigen Entstehens” (Skr. pratītya-samutpāda), wobei hier eine unterbewusste Strömung, das „Lebensstrom-Bewusstsein“ (Skr. bhavanga-citta), vorausgesetzt wird. Der allererste Moment beim Zeugen eines Fötus erfolgt nachdem der allerletzte Bewusstseinsmoment im vergangenen Leben (Skr. cuti-citta) erloschen ist. Dieser erste Bewusstseinsmoment, i.a.W. “Geburt” (3), durchsetzt mit Unwissenheit (1) und potentiellen, karmischen Samen des vergangenen Lebens (2), projiziert die restlichen neun Glieder bis zum Tod (12), wobei es sich polarisiert in geistige Funktionen und materielle Formen, in Geist-Körperlichkeit (Skr. Nāma-Rūpa) (4). “Wie ein Echo, oder desgleichen, versorgt es die Gestalten hier...”, (Visuddhi Magga).

Sterbebegleitung und Bestattung in den südost-asiatischen Ländern

Sterbebegleitung und Bestattung in den südost-asiatischen Ländern, die auf dem Pali Kanon beruhen, wie Sri Lanka, Thailand, Myanmar, Königreich Kambodscha, Laos, Indonesien, stimmen in ihrem Verlauf und in ihren Zeremonien prinzipiell überein, abgesehen von lokalen und nationalen Eigenheiten wie die Anzahl und Dauer der Totengedenktage. In jeder buddhistischen Sterbekultur, wo die feste Überzeugung besteht, das Wohl des Verstorbenen auch nach dem Tod noch beeinflussen zu können, liegt ein bedeutender Aspekt auf dem Mehren von Heilsamem, gedanklich, sprachlich oder dinglich, wie Großzügiges Geben (Skr. Dāna) an Befürftige, an Zeremonien durchführende Ordinierte, an ihre Klöster oder das Freilassen von Tieren. In SRI LANKA wie in allen buddhistischen Ländern findet Sterbebegleitung mittels Einladung an Mönche statt. In Sri Lanka ist der Höhepunkt einer jeden Zeremonie die Lehrrede des obersten Mönchs. Im Zusammenhang mit einer Sterbe-begleitung fällt das Thema auf die Unbeständigkeit der Dinge, auf die Endlichkeit des Daseins, aber auch auf die vollbrachten Wohl-taten im Leben des Sterbenden, die in ihm heilsame Gedanken her-vorrufen sollen. Die Qualität des allerletzten, bewußten Moments, sei es eine Vision, ein erinnertes oder gegenwärtiges Erlebnisobjekt oder ein karmisch geprägter Gedanke wird eine besondere Bedeu-tung beigemessen, da dieser die Lebensumstände einer neuen Ge-burt bestimmt. Chanting und Rezitationen kommen zur Anwen-dung, beliebte schutzgebende Sūtras wie das Maitrī-Sūtra (Pali: mettā sutta) - die Lehrrede Buddhas über universelle, alles umfassende Liebe, die Schutz verleiht, gefolgt von Hymnen und Parittas (Schutz-Liturgien). Nach dem Eintritt des klinischen Todes wird das Haus eines Verstorbenen zu einem Maļagedara (Singhal. Verstorbenenhaus). Am Kopfende des Sargs brennt Tag und Nacht eine Öllampe, die Licht spenden soll in dieser schwierigen Zeit, wo der Leichnam schutzlos liegt und das entkörperte Bewusstsein den Vorstellungen der Menschen entsprechend sich noch in der Nähe befinden kann. Die Angehörigen ziehen einen Astrologen hinzu, um den astrologisch günstigen, kraftvollsten Zeitpunkt zu bestimmen, wann der Sarg und in welcher Himmelsrichtung aus dem Haus getragen werden soll, um vorweg zu vermeiden, dass das entkörperte Bewusstsein ins Haus zurückkehrt, samt wann und wie die Bei-setzung oder Einäscherung vonstatten gehen soll. Zur Trauerfeier eingeladene Mönche leiten das Chanting ein, das im Wechselgesang zwischen dem obersten Mönch und Laien erfolgt, inhaltlich ähnlich wie während der Sterbebegleitung. Während den Zeremonien für die Einäscherung wird ein haushoher, Stupa-ähnlicher Turm aus mehrstöckigem Lattengerüst errichtet, ausstaffiert und verziert mit weißem Tuch, bei verstorbenen Mönchen in orange/rotem Tuch. Nach der Einäscherung wird die Urne bis zur endgütigen Beisetzung im Tempel aufbewahrt. In MYANMAR wird traditionell über dem aufgebahrten Leichnam ein mehrstufiges, reichhaltig verziertes Dach nach königlicher Architektur mit einer ungeraden Anzahl von Ebenen und Türmchen gebaut, dem Pyatthat. In der Mitte befindet sich die Verbrennungsstelle aus hochbrennbarem Material wie Holzscheiten und getrockneten Fasern von Kokusnüssen. In THAILAND zählen zu den Rezitationen während der Sterbebegleitung und der Trauerfeier von wenigstens vier Mönchen hauptsächlich Textpassagen des Abhidharma, auch Textstellen des kondensierten Kommentars dazu, den neun Kapiteln des Handbuch des Abhidharma (Pali: abhidhammatta sangaha) in der Form von Gāthās (Skr. Hymnen), das als gleichwertig gilt. Mönche kommen mehrfach ins Haus, rezitieren vom Abhidhammatta sangaha, dabei symbolisch ein Band (Thail. bhusa yong) zwischen ihnen und dem Leichnam haltend. Die Feuerbestattung, die im Tempelkrematorium erfolgt, findet normalerweise innerhalb von 3 Tagen mit einem feierlichen Umzug - durch den keine Traurigkeit aufkommen soll - von zahlreichen Angehörigen, Gästen und 8-10 Mönchen statt, die während der Rezitationen des Abhidharma das bhusa yong halten. Die Leiche von prominenten oder wohlhabenden Personen kann für ein Jahr oder mehrere Jahre in einem speziellen Gebäude eines Tempels in einem Prunksarg mit Kühlaggregaten, der im Tempel gemietet werden kann, aufbewahrt werden, solange, bis alle Vorbereitungen für die Einäscherung getroffen sind.

Praktische Anwendung der Māhayāna-Lehren sind für die Wesen geeignet, die mutig weit über dieses Leben hinausschauen können und nicht verzagen im Angesicht der vielen Weltzeitalter, die es dauern wird um die Frucht, Vollkommenes Erwachen, oder Erleuchtung mithilfe der Māhayāna-Lehren von Herzensgüte, Mitgefühl und Leerheitserkenntnis zu erreichen (Skr. Bodhisattva). Der Sanskrit Kanon, die Drei Körbe-Lehre des Māhayāna, behinhaltet Sūtras, die dem Zweiten und Dritten Dharmacakra zugeordnet sind. Auf der Grundlage der Aussagen des Zweiten Lehrzyklus, wie in den Vervollkommnung der Weisheit-Sūtras (Skr. Prajñāpāramitā-Sūtras) formierte sich die philosophische Lehrmeinung des Madhyamaka, wörtlich: “Die, die genau die Mitte erklärt”, und zwar die Mitte zwischen extremen Ansichten. Mit der Mahāyāna-Philosophie beginnt eine neue Dimension des Verstehens: Saṃsāra und Nirvāṇa sind wesensgleich! Entsprechend dem Mahāyāna-Verständnis befindet sich ein jedes Wesen von seiner grundlegenden Natur her schon in einem Zustand der Befreiung, oder i.a.W. ein jedes Wesen befindet sich seit anfangsloser Zeit im „natürlichen Nirvāṇa” mit der Begründung, dass die Basis der Täuschung, der alle Wesen unterliegen, Leerheit ist. Sämtliche Erscheinungen existieren nicht Kraft ihrer eigenen Merkmale. Sie sind leer von Eigennatur, da sie abhängige Phänomene sind, wie ein Ganzes von seinen Teilen und ein Ding von unseren begrifflichen Zuschreibungen. Die konventionelle Wirklichkeit wird mit den plastischen Worten von “aufgebläht” oder “verkleidet” (Skr. saṃvṛti) umschrieben; die Dinge bestehen lediglich dem Anschein nach. Buddha zählte im Herz-Sūtra die letztendliche Bestehensweise der Erscheinungen auf: “Sämtliche Phänomene sind Leerheit, ohne Merkmale, ohne Entstehen, ohne Vergehen, ... keine Unwissenheit, kein Enden der Unwissenheit bis hin zu keinem Altern und Tod und keinem Enden von Altern und Tod..” Dem Dritten Lehrzyklus sind Sutras zugeordnet mit der Aussage, dass letztendlich alle Erscheinungen nur Geist sind und Dualität eine Fiktion des Geistes ist. Zum Dritten Dharmacakra gehört auch das umfassenden Avataṃsaka-sūtra (Skr. Blumenornament). Ausgehend von den Aussagen dieses Sūtras bildeten sich im sino-japanischen Raum Schulen wie die des “Reinen Landes”, die sich auf den transzendenten Buddha Amitabha und auf Bodhisattvas wie Kṣitigarbha beziehen. Dieses Sūtra öffnen den Blick auf transzendente Buddhas, um die sich ein grosses kosmisches Feld (Skr. Buddhakṣetra) ausgebreitet hat, das Schutz gewährt und der Kraft der Verdienste und Qualitäten des Buddhas unterliegt. Geburt in diesen Buddhakṣetras gelten für die geistige Entwicklung besonders günstig.

Sterbebegleitung und Bestattung in den sino-japanischen Ländern

Sterbebegleitung und Bestattung in den sino-japanischen Ländern stützen sich auf die Weltanschauungen des Zweiter und Dritten Lehrzyklus, auf den aus dem Sanksrit übersetzten Chinesischen Kanon, wie Festland China und Taiwan, Vietnam, Korea, Japan. Diese Länder weisen in ihrer Sterbekultur konfuzianische Einflüsse auf. Besonders in KOREA steht der Ahnenkult und die kindliche Pietät gegenüber den Eltern im Zentrum der Bestattungsbräuche, nach der das eigene Leben ein Geschenk der Ahnen und damit etwas Heiliges ist. Im FESTLAND CHINA und in TAIWAN bieten seid jeher Ordinierte Sterbebegleitung an um Trost und Halt zu geben, um zu positivem Denken und Handeln zu inspirieren wie dem großzügigen Geben von Almosen, um die Drei Juwelen: Buddha, Dharma, Sangha ins Gedächtnis zu rufen samt eine bessere Wiederfindungen in Aussicht zu stellen, wie die in den Lauteren Buddha-Gefilden Amitabhas. Der Name Buddha Amitabhas, namo amitofo, wird durchgehend Tag und Nacht von den Ordinierten rezitiert. Besonders in der chinesischen, japanischen und vietnamesischen Tradition sind Reue-Zeremonien ein wichtiger Bestandteil der Sterbebegleitung. Während des 49 Tage dauernden Zwischenzustands zwischen Tod und Geburt gelten die ersten 7 Tage als die wichtigsten und günstigsten, um unmittelbar ins “Reine Land der Glückseligkeit” (Skr. Sukhāvatī) Buddha Amitabhas zu gelangen oder eine neue, gute Geburt im Kreislauf der Verkörperung anzunehmen. Besonders während dieser Zeit, aber auch nach jeder siebten Woche wird das Bewusstsein des Verstorbenen mit der Rezitation von Passagen des Amithabha-Sūtras und dem Amitabha-Name unterstützt. In VIETNAM wird während der Zeit, zu der die Sterberituale stattfinden, den Anwesenden empfohlen vegetarisch zu leben. In einer würdevollen Atmosphäre werden Passagen aus Sūtras rezitiert, die dem Sterbenden im Leben sehr vertraut waren und ihn inspirieren sprachlich oder gedanklich einzustimmen, wie Passagen aus Das Sūtra der Vollkommenheit der Weisheit, die selbst einen Diamanten spalten kann“ (Skr. Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra), in der Buddha auffordert, die Wahrnehmungsarten zu überwinden, die nicht der eigentlichen Wirklichkeit entsprechen, und zwar durch die Betrachtung aller Phänomene als Form und Leerheit, Leerheit und Form untrennbar: „Wie einen Stern, eine Luftspiegelung, eine brennende Butterlampe, wie Täuschung, Tautropfen, Wasserblasen, wie einen Traum, einen Blitz, eine Wolke, so sieh all das an, was zusammengesetzt ist.“ Es soll den Sterbenden daran erinnern, sich vom Körper und allem anderen zu lösen, was sowieso unvermeidlich ist. Erdbestattung, die Beisetzung auf bunten Gräber- oder Gruftenfeldern wie in Hué, gelten als eine würdevolle Verabschiedung, die in Vietnam der Kremation vorgezogen wird, welches den Ahnen, die als lebendige Mitglieder zur Familie gerechnet werden, zugute kommt. Die buddhistische Sterbekultur in INDIEN ist leider durch die Zerstörung der buddhistischen Kultur im 12. Jh. komplett in Vergessenheit geraten.

Kulturen der irdischen Sterbebegleitung und Bestattung in den Ländern Zentralasiens und des Himalayas wie TIBET, der MONGOLEI und den angrenzenden Steppenvölkern, in BHUTAN, SIKKIM, NEPAL bauen auf dem Vajrayāna auf und beziehen sich auf die Vier Klassen des Tantra. Die Sterbebegleitung wird von mehreren Lamas (geistliche Lehrer des Vajrayāna) durchgeführt, u.a. Rezitationen von Reinigungsliturgien mit ritueller Musik (Skr. puja). Von einem Lama wird der Sterbende, falls er sich in der tantrischen Praxis des „Bewussten Überführen des Bewusstseins ins Reine Land Buddha Amitabhas“ (Tib. po-wa) auskennt, an der Schwelle des Todes in diese Praxis eingewiesen. Ist der Sterbende nicht fähig Po-wa selber auszuführen, führen Lamas diese Praxis im Anschluss an seinen klinischen Tod aus. Ein hinzugezogener Astrologen hilft zu entscheiden, welche Handlungsweisen für den Verstorbenen samt den Hinterbliebenen die günstigsten sind, damit sich eine große Verdienstansammlung ergeben kann, welche dem Verstorbenen gewidmet wird. Der vom indischen Mahāsiddha Padmasambhava – von Buddha Śakyamuni vorhergesagt - verfasste tantrische Text “Befreiung durch Hören im Bardo” (Tib. bardo-thos sgrol) beschreibt fünf aufeinander folgende Zwischenzustände ((Tib. bar-do), die das gesamte Leben und Sterben ausmachen, darunter den Bardo zum Zeitpunkt des Todes, in dem veranschaulicht wird, wie die Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum sich innerhalb von 3 Tagen nach einander und ineinander auflösen, während dessen der Körper unberührt bleiben sollte. Zum Schluss lösen sich grobe Bewusstseinsarten in die leuchtend klare Lichtnatur des subtilsten Bewusstseins auf. Ungeübte fallen in einen Schockzustand und erwachen als ein sich aus der klaren Lichtnatur lösendes Energie-Geist-Körperwesen, das maximal über 49 Tage, mit jeweils an jedem siebten Tag einen erneuten Tod durchlebend, den Bardo der Dharmatha (Skr. die eigentliche Natur täuschender Erscheinungen, die grell, laut, farbig blendend in diesem Zwischenzustand auftreten) und den Bardo des Werdens durchlebt. Von der im Tantrayāna beschriebenen verschiedenen Anwendungen von Aroma wie das Offerieren des Geruchs von geröstetem Mehl mit 25 besonderen Ingredienzen (Tib. gsur) wird Gebrauch gemacht, das den Bardo-Wesen als einzige kräftigende Nahrung dienen kann. Das Verfahren mit der Leiche entspricht in bewaldeten Gebieten, wie BHUTAN, der Feuerbestattung und in Ländern und Gegenden mit zu harter Steppenerde oder Mangel an Brennholz, wie in TIBET, der Luftbestattung, dem sogenannten “den Leichnam den Gänsegeiern hinwerfen” (Tib. bya-gtor). Luftbestattung erfolgt durch dafür geschulte Lamas (Tib. ro-gyapa). Ein Yak trägt die Leiche zum Bestattungsplatz, wobei das Yak anschliessend – zwecks Verdienstansammlung für den Verstorbenen - frei gelassen wird. An vielen Orten in den Himalaya-Staaten gibt es hierfür speziell ausgesucht und gesegnete Plätze, von denen einige seit Jahrhunderten existieren und als ein Maṇḍala mit einem Buddha im Zentrum visualisiert werden. Überreste des Leichnams, wie Knochen werden mit Tsampa (Tib. Geröstetes Gerstenmehl) zerstossen und in kleine Tza-Tza-Formen gebrannt. Sie werden am Luftbestattungsplatz gelassen oder in dafür vorgesehene Kolumbarien im Freien aufbewahrt. Yogis und Yoginis, die sich während ihres Lebens im tiefen Verweilen im Grundlagen-Klaren-Licht geübt haben, wo mittels tantrischen Übungen leuchtendes, ursprüngliches Gewahrsein in Bodhi, in Erwachen oder Erleuchtung umgewandelt werden kann, vermögen Tage und Wochen nach dem klinischen Tod darin verweilen, ohne dass der Körper verwest (Tib. thugs-dam). Stupa-Bestattung gilt als die edelste und heiligste in Tibet. Die Leiche von hohen Würdenträgern, die im Thugs-dam dahin geschieden sind, werden einbalsamiert und in kostbaren Reliquienschreinen im Kloster aubewahrt. Einige Yogis und Yoginis, aufgrund intensiver, tantrischer Meditationspraxis, meistern den sogenannten “kleinen, mittleren oder großen Regenbogenkörper”, wobei ihre grobstoffliche Form entweder schrumpft und so belassen in Reliquienschreinen verewigt wird, oder nur noch Haare und Nägel übrig bleiben, oder deren Körper vollständig – ähnlich einem sich im offenen Himmelsraum auflösenden Regenbogen - entschwindet, beispielsweise wie bei einigen der trantrischen Schüler und Schülerinnen des tibetischen Yogis Milarepa.

BUDDHISTISCHE BESTATTUNG IN DER DIASPORA

Die buddhistischen Trauerzeremonien und Bestattungen in der Bundesrepublik sind dadurch geprägt, dass der transzendentale Zusammenhang in den Hintergrund gerät und die traditionellen Rituale der jeweiligen Herkunftsländer den hiesigen Umständen entsprechend zumeist stark vereinfacht und verkürzt durchgeführt werden. Vorgaben von Astrologen und Geomanten können sich nur auf die Situation im Heimatland selbst beziehen. Vor allem in der traditionell langen Abschiedsnahme besteht eine Diskrepanz zwischen der Aufbahrung in Asien und der in der Bundesrepublik. Die Aufbahrung über drei Tage in klimatisch günstigen Zonen ist für Mahāyāna-Buddhisten von besonderer Bedeutung, während dessen der Sterbeprozess möglichst ungestört verlaufen und der Leichnam nicht berührt werden soll. Die gesetzlichen Vorgaben in der Bundesrepublik, was mit dem Verstorbenen geschehen soll, orientieren sich nicht an der Vorstellung einer Wiedergeburt, sondern sind bestimmt von Regelungen der Bestattungsgesetze zur Hygiene und stammen zum Teil noch aus der Zeit des 19. Jahrhunderts, als noch die meisten Menschen zuhause an Infektionen starben und es wenig Alltagswissen über Krankheiten und deren Übertragung gab. Es ist offensichtlich, dass diese Bestimmungen nicht für alle Religionen zugeschnitten sondern im christlichen Kontext entstanden sind. Dies wurde vor ein paar Jahren als Integrationshindernis identifiziert und Möglichkeiten für Ausnahmen geschaffen, vorrangig für die in Deutschland lebenden Muslime. An die Buddhisten hat man dabei nicht gedacht, oder, anders herum, die Buddhisten waren nicht laut und vereint genug mit ihrem Anspruch auf Ausnahmen (Zitat: Uller Gscheidel/Charon).

Verfasst von Christiane Pathan Friedewald (Marpa Lobdra Germany e.V.)
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© 2023 René Meinhardt. Alle Rechte vorbehalten. Letzte Aktualisierung: 19.Nov.2023